Was motiviert Sie, den Wald unter lauter Bäumen zu finden?
"Ich studiere Biologie und mache derzeit meine Masterbewerbung fertig. Man muss quasi begründen, warum man besonders geeignet ist, den Masterstudiengang Biologie zu machen. Nun wollte ich das ganze ein bisschen professionell gestalten und nicht nur meinen Hang zur Natur erläutern. Haben Sie eventuell einen Tipp?"
– Sie möchten sich um einen Master-Studiengang bewerben. Einem Bewerbungshelfer ist nichts Bewerbungsmäßiges fremd. Betrachten wir zunächst, was Sie zum Weitermachen bewegt. Ich vermute:
Das sind schon mal drei unterschiedliche Ansatzpunkte, um ein überzeugendes Motivationsschreiben zu starten. Menschen, die über Stellen- und Studienplätze entscheiden, lieben Kandidaten, die von innen her glühen. Sofern Sie also Ihr (wissenschaftliches) Thema gefunden haben und es zu Ihrer Mission gemacht haben, seien Sie doch getrost obsessiv! Gegenüber Wissenschaftlern führen Sie sich am besten damit ein. Direkt nach der Briefeinleitung! Keine Bange, Direktheit wird nicht als Affront bewertet!
Falls Sie sich nicht auf einen wissenschaftlichen Schwerpunkt festlegen mögen oder aber mit einer wahrhaft überzeugenden Suada über Ihre Projekte, Arbeiten, Studien, genialen Abschlüsse auftrumpfen können, wählen Sie einen anderen Einstieg. Warum zahlt es sich für eine Institution aus, Ihnen den Zutritt zu den knappen Ressourcen eines Aufbaustudiums zu gewähren? Egal, welches Argument sich Ihnen aufdrängt (oder suchen Sie da etwa lange?), es ist immer ein Faktum. Und das rücken Sie soweit nach vorn, dass der Mail- oder Briefempfänger es unmittelbar nach der höflichen Anrede erblickt. Fakt ist Trumpf!
Was Sie antreibt, weiter zu machen ist sicher eine gute Frage. Beschreiben Sie jedoch erst einmal, wo Sie angekommen sind und welche Lorbeerkränze Sie unterwegs aufgefischt haben.
Hasten und schludern Sie nicht durch diese Leistungsbilanz. Breiten Sie die einzelnen Posten detailliert, faktenreich, geradezu genüsslich aus.
Stellen Sie sich vor, ein Kommilitone liest mit. Der Beschreibungsteil Ihrer Verdienste und Erfolge hat ihm bei aller neidlosen Anerkennung doch auch ein bisschen weh zu tun.
Lassen Sie so viele Namen (von Lehrern und Meistern, Mentoren und Koryphäen, glorreichen Institutionen, starken Unternehmen … Ländern und Orten) fallen wie möglich.
Versichern Sie niemals, dass Sie hoch motiviert sind. Notieren Sie dagegen, auf welche Ziele sich Ihre Motivation richtet.
Ein Aufbaustudiengang ist nur ein nackter Rahmen. Liefern Sie dazu das lebendige Bild. Skizzieren Sie, was Sie genau betreiben, verfolgen, erforschen wollen.
Und schließlich: Können Sie sonst irgendwie zum blühenden Leben auf dem Campus beitragen? Erwähnen Sie Ihr musisches, sportliches, soziales, künstlerisches, der Gemeinschaft verpflichtetes Engagement!
Zählen Sie die Autoritäten auf, die Ihre Aussagen jederzeit gern und höchst eloquent belegen, unterschreiben, um Details ergänzen, bestätigen können.
Versichern Sie sodann, dass Sie sich auf das direkte Gespräch freuen.
Und das war's schon. Jedes Motivationsschreiben soll die Empfänger motivieren, sich mit ihnen eine Stunde oder länger persönlich zu befassen. Auf Ihre tiefe, innere Motiviertheit, auf die wahren Gründe Ihres Wunsches nach einem Abschluss-Upgrade kommt es überhaupt nicht an. Zwischen Bachelor und Master sind Sie alt genug für ein Karrieregeheimnis. Karriere macht man, in dem man Tatsachen schafft oder über Tatsachen so spricht, dass man darüber die Definitionsmacht hat.
In diesem Sinne: Sprechen Sie gut über sich! Ihr Motivationsschreiben ist empirisch verifizierbar. Es schafft Tatsachen oder es verpufft im Meer der guten Absichten.
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05.2008; zuletzt aktualisiert: Berlin, 25.2.2009
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