"Einzigartige Erfahrungen"
Beispiel: Bewerber, 40 Jahre, seit 12 Jahren im Einkauf/Materialwirtschaft, erste Führungserfahrung, bislang weitgehend selbständige Tätigkeit.
Ausgeschriebene Position: Leiter des Einkaufs in einem mittelständischen Unternehmen
Eine Andeutung, dass bei Ihnen mit Änderungen zu rechnen ist, sollte nicht unterdrückt werden. Schließlich bringen Sie einzigartige Erfahrungen mit, die Sie auch bei Ihrem neuen Arbeitgeber einbringen möchten. Ebenso haben Sie auch Vorstellungen von Ihrem weiteren beruflichen Werdegang sowie den Willen, die Aufgaben optimal zu bewältigen.
All diese in Ihrer Person liegenden Vorstellungen, Fähigkeiten und Wünsche führen wohl auch zu Änderungen im bisherigen Ablauf beim neuen Arbeitgeber. Natürlich lassen Sie nicht unberücksichtigt, dass Sie sich mit den Zielen der Stelle, der Produktpalette oder der Unternehmenskultur auseinandersetzen müssen. Ebenso gehen Sie davon aus, dass Ihr Vorgänger ja gute Arbeit geleistet hat. Nicht besonders klug sind Aussagen, in denen Sie die Leistung des Vorgängers oder die bisherige Arbeitsorganisation grundsätzlich vernichtend beurteilen!
Praxisbeispiel: Es hat sich in ihrer bisherigen Aufgabe gezeigt, dass die EDV-Unterstützung durch SAP bei der Verbindung zwischen Produktion und Materialwirtschaft zwar Schwächen hat, aber gerade hier durch kurze Lagerzeiten und kurze Beschaffungszyklen durch enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten zuletzt mehr als 330.000 Euro jährlich gespart werden konnten. Ebenso haben Sie ein neuartiges Konzept bei der Planung des Bürobedarfes umgesetzt und auch so über 14.000 Euro eingespart. Zwar waren bei beiden Änderungen etliche Bedenken zu überwinden und die Mitarbeiter auf diese neue Verfahren einzustimmen, aber letztlich hat es erfolgreich funktioniert. Daher möchten sie in diesem Sinne ihre Erfahrungen einbringen, zumal ihre bisherigen Schwerpunkte im Bereich der Beschaffungslogistik und der Produktionswirtschaft lagen!
Fazit: Sie selbst machen grundsätzlich nichts anders (denn Sie waren vorher sehr erfolgreich...), aber Sie berücksichtigen die neuen Rahmenbedingungen (Unternehmenskultur, Mitarbeiter, Produkte, Aufgaben und Ziele der neuen Stelle etc.) und werden dann im Rahmen des Möglichen und Notwendigen Ihre neue Tätigkeit entsprechend definieren (und dadurch vielleicht einiges anders machen und somit natürlich Flexibilität und Lernfähigkeit beweisen). [Michael Altieri]
"Achtung, Falle!"
Bemerkungen wie: Meinen neuen Chef würde ich respektieren und nicht immerzu dreckige Bemerkungen machen, sind hier nicht angebracht. Die Antwort ist einfach, wenn der neue Job ganz anders aussieht: „Ich hätte mehr Personalverantwortung und müsste daher meinen Tagesablauf anders einteilen. Ich wäre mehr auf Marketing hin orientiert, hätte mehr Kundenkontakt ..."
Ist der Job ähnlich wie der vorige, würde ich auf allgemeine Statements ausweichen: Man kann einen Job nur gut machen, wenn man mit den entsprechenden Entscheidungskompetenzen ausgestattet ist. Man kann einen Job nur in einer gegebenen Zeit erfüllen, wenn man die entsprechenden Ressourcen hat, etc. Da man jetzt mehr Erfahrung aufweist, kann man besser einschätzen, was nötig ist, um die neuen Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. [Dr. Johanna Holldack]
"Keine übertriebene Selbstkritik"
Die Antwort sollte zeigen, dass der Bewerber Entwicklungsfähigkeit und Vermögen zur Selbstreflexion besitzt. Dabei ist wieder einmal Grundregel, dass man den ehemaligen Arbeitgeber nicht schlecht macht. Die Schuld für eigenes Versagen nicht auf andere schieben, sich nicht darüber auslassen, dass man hofft, sich an diesem neuen Arbeitsplatz endlich einmal voll entfalten zu können. Gute Vorsätze für den neuen Job, die auf eine eher problematische Vergangenheit schließen lassen, sind Kick-out-Kriterien.
Auch nicht zu dick auftragen („Ich werde so weitermachen wie bisher, damit bin ich bisher super klargekommen …ich war die letzten Jahre immer Zugpferd der Abteilung ...") - selbst wenn man tatsächlich exzellent gearbeitet hat und auch einen solchen Eindruck hinterlassen hat. Man kann seine Zeugnisse für sich sprechen lassen.
Eine problemfreie Antwort ist: „Wo ich Verbesserungspotential bei mir sehe, ist …" plus zwei bis drei konkrete, machbare Punkte. Man achtet z.B. darauf, dass regelmäßigere Mitarbeiterbesprechungen stattfinden. Im letzten Job hat das Team sich dafür manchmal zu wenig Zeit genommen.
Keine Selbstkritik zelebrieren, sondern die normale Tatsache erwähnen, dass man heute schlauer ist, als man es gestern war. [Wiebke Lindemann]
""Unsichere Leute reden zuviel"
Der Weise kam an einen anderen Ort. Man fragte ihn sogleich: „Was wirst Du hier anders machen als da, von wo Du hergewandert bist?".
„Als erstes will ich sehen, ob dies eine Stelle ist, an der sich‘s bleiben lässt."
Wurden Dir Umfeld und Rahmenbedingungen noch nicht erläutert, wärst Du töricht, jetzt blindlings Pläne zu entwickeln und verbalen Aktionismus zu zeigen. Nimm die Frage zum Anlass, um selbst die geheimen Konfliktkonstellationen, die versteckten Sorgen und Nöte Deiner Gegenüber zu erkunden. Greife eine firmenübergreifende fachliche Fragestellung auf und frage nach, ob und wie sie gelöst wurde. (Wähle aber kein Problem, an dem Du Dir selbst die Zähne ausgebissen hast.)
In Jobinterviews triffst Du auf Menschen, für die Du arbeiten würdest und auf andere, die mit Dir kooperieren sollen. Diese Leute erhoffen sich durchaus, dass Du alles zum Besseren wendest. Sie wünschen jedoch nicht, dass Du ihren Alltag auf den Kopf stellst.
Auch wer ausdrücklich eine Veränderung wünscht, fürchtet sich vor ihr. Institutionen haben einen berechtigten Horror vor Revolutionären. Nutze das Gespräch auf keinen Fall, um aufzuzeigen, was die prospektiven Kollegen Deiner Ansicht nach alles verkehrt gemacht haben. Kamikaze-Kandidaten, die aggressiv losschwirren, plumpsen ausnahmslose in kaltes Wasser.
Bring die Leute zum Reden, und wenn Du selbst Antwort stehen musst, gib ihnen einen kurzen Erfolgsbericht. In dieser beispielhaften Anekdote bist Du k e i n Einzelkämpfer und sie dient Dir auch n i c h t als Beleg dafür, wie Du Dich bislang mit Stümpern und Idioten abmühen musstest.
Halte Dich immer bedeckt. Unsichere Leute reden zuviel. Und viel zu viel über sich selbst. Achte auf die Körpersignale. Geh darauf ein: „Sie schauen jetzt so abwehrend. Habe ich eben in ein Wespennest gestochen?"
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© 1998 - 2002 Gerhard Winkler; Text zuletzt überarbeitet: Berlin, 22.02.2009.
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