Moderator: Willkommen beim offenen Chat mit dem Bewerbungshelfer Gerhard Winkler.
Gerhard Winkler: Liebe Abend-Chatter, der Frost bleibt stabil, mein eigener Schüttelfrost hat sich verzogen - ich kann heute Abend dennoch nicht so fieberhaft wie sonst meine Beiträge eingeben. Sie haben eigene Fragen. Her damit! Auf dem Screen für alle wird eine Texteingabe von Ihnen erst dann sichtbar, sobald ich sie beantworte. Also nicht nervös werden.
JA! NICHT! zu STARK! auftreten, DENN! das signalisiert ARROGANZ! Vor allem die konsensfixierten Harmoniefreunde unter den Rekrutierern, schrecken dann davor zurück, einen einzustellen. Ich empfehle nicht nur den harten Mädels und Jungs, sich im Interview nicht kleiner zu machen. Die doofen Schwachen nehmen einen dann nicht, aber dort geht man sowieso nicht hin, weil die feigen Formalisten ihre Organisation nie übers Mittelmaß hinausbringen. Und man will schließlich nicht dort mittun, wo die Kühe sich salopp gruppieren, um sich wechselseitig die Fliegen von der Flanke zu wedeln, sondern dort, wo kleine geniale Teufel die Butter zur Sahne verfeinern. (Wenn ich verstehe, was ich meine.) Es ist einfach: Man darf sich unterhalb seines Könnens bewerben, aber man darf sich nicht unterhalb seines Niveaus vermarkten.
So was lernen die jungen Leute aber durchaus schon in der Hochschule, dass es nämlich zwei Denkschulen für Administrationen gibt: A Wir sind dafür da, um unseren Status zu halten. Oder: B Wir decken den Angriff. Karriere macht man schließlich nicht unter der Führung von oder zusammen mit Selbstversorgern. Was denken Sie dazu? Stark auftreten oder die eigene Stärke abschwächen?
Gerhard Winkler: Schon mal eine Bewerbung in den Sand gelegt, weil man zu stark aufgetreten ist oder weil man viel zu schwachbrüstig agiert hat? Was sind Ihre Erfahrungen?
Mia12: Guten Abend Herr Winkler. Der Anspruch im Bereich Softskills wächst meiner Meinung nach immer mehr. Wie kann ich am besten in einer Bewerbung klar machen, wie ich in dem Bereich aufgestellt bin?
Gerhard Winkler: Stellen Sie die Frage einmal anders: An welchen Angaben in Lebenslauf und Anschreiben lassen sich am ehesten Ihre persönlichen Qualitäten festmachen?
Unabhängig davon, was Sie über sich selber sagen: Wenn man die Fakten sprechen lässt, was sagen die dann über Sie?
Mia12: Das heißt, ich nenne die Softskills nicht extra, sondern versuche sie durch meine Tätigkeiten indirekt darzustellen? Oder was halten Sie davon, wenn ich im Anschreiben Dinge schreibe wie: Persönlich zeichne ich mich durch ein hohes Maß an Eigeninitiative und Flexibilität aus. Ich arbeite selbständig und leistungsorientiert und schätze die Arbeit in einem Team.
Gerhard Winkler: Ich versuche einerseits, die Leistungsdaten in einer Bewerbung so aufzumischen, dass man die persönlichen Highlights sofort erkennt. (Jeder beurteilt Leute hoffentlich nach dem, was sie tatsächlich gemacht haben und nicht nach dem, was sie nur behaupten zu sein.)
Andererseits lege ich Beurteilungen den Referenzpersonen in den Mund. Alter Trick. Keith Richards macht das in seiner Autobio ständig. Er lässt Zeugen auftreten, die dies und das klasse finden. Nie und nimmer lasse ich meine Klientinnen und Klienten Selbstaussagen machen - das ist einfach zu peinlich.
AS: Und was machen die Jugendlichen, die weder eine Klassenlehrerin haben, die für sie spricht, noch besonders gute Noten, sondern NUR das Interesse für Autos.
Gerhard Winkler: Sich um ein (Schnupper-)Praktikum bewerben. Sich um einen Ferienjob bemühen. Alle Schulfächer mit Mathe-Mechanik-Elektrik-Elektronik-Anteil bevorzugt beackern. Bei der F. Feuerwehr die roten Wagen putzen. Thematisch passende VHS-Kurse belegen. Fleißpunkte sammeln. Interesse an Automotive teilt man mit jedem, der bis vier Räder zählen kann.
Schüler sucht Ausbildung: Hallo Herr Winkler, Was würden Sie jemanden raten, der sehr gerne als Bankkaufmann arbeiten möchte, er aber auf Grund des Online-Tests immer wieder scheitert? (Interview, Rollenspiele) sind kein Problem aber der OnlineTest. Ich bin wegen der kurzen Zeit gestresst und kriege somit eine Blockade.
Gerhard Winkler: Es klingt ein wenig rustikal, was ich empfehle, aber tatsächlich hilft Anpassung durch Wiederholung. aber Setzen Sie sich gezielt bei jeder nur denkbaren Gelegenheit selbst unter Druck. Machen Sie so viele Tests wie möglich. Wenn sie sich daran gewöhnt haben, dass Sie niemals alles schaffen werden (was auch niemand von Ihnen verlangt), dann werden Sie lernen, bis zum Countdown eisern dranzubleiben.
Mandy: Guten Abend Herr Winkler Ich freue mich sehr heute im Bewerberchat dabei sein zu können. Und zwar hab ich ein ziemlich großes Problem. Ich bin Bürokauffrau und habe nur sehr wenig bis gar keine Praxiserfahrung. Zur Zeit arbeite ich in einem Steuerbüro als Sekretariatshelferin und fühle mich dort geistig total unterfordert. Ich möchte sehr gerne die Buchhaltung mit übernehmen, darf ich aber nirgends, weil mir die Praxis fehlt. Nun meine Frage: wie habe ich trotz mangelnder Praxiserfahrung dennoch eine Chance, mich erfolgreich zu bewerben?
Gerhard Winkler: Hi Mandy, Buchhaltung ist Ihr Ziel. Bürokauffrau Ihre Deckung. Sekretariatshelferin die traurige Etappe. Was könnte ein Zwischenziel sein? Ähnlich die Frage: Womit könnten Sie die Zielerreichung absichern oder einleiten?
Mandy: Ich möchte sehr gern mit einfachen Geschäftsfällen anfangen, um wieder einzusteigen in die Materie, um mich wieder daran zu gewöhnen, aber das darf ich nicht, weil mir die Praxis fehlt und dort im Steuerbüro keiner Zeit hat drüberzukucken, ob nun alles stimmt, so wie ich es gebucht habe. Aber es ist nun mal mein allergrößter Wunsch, weil mir Buchhaltung einfach Spaß macht. Ich weiß nicht genau, warum, aber es macht mir einfach Freude, weil ich da nachdenken muss und nicht Aufgaben übernehme, die meinen Geist nicht fordern. Ich habe in meiner letzten Weiterbildung vor knapp einem Jahr auch gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt, aber eben nur Theorie.
Gerhard Winkler: 1. Selbständige finden, die jemand brauchen, der ihnen die Bücher führt. Sich von denen in Cash am Monatsende zahlen lassen, sonst sehen Sie nie Ihr Geld. (Immer ordentlich versteuern!)
Mandy: Das heißt also, auf dem normalen Stellenmarkt habe ich mit meinem Profil so gut wie keine Chance? Denn auch Selbstständige wollen Leute, die aus der Praxis in die Praxis kommen, so hat es mir zumindest meine jetzige Chefin gesagt. Sie sagte, die meisten würden lieber Arbeitnehmer nehmen, die von einem bestehenden Arbeitsverhältnis nur den Arbeitgeber wechseln, weil da nicht so viel angelernt werden müsste.
Gerhard Winkler: 1. Wie heiß Sie auf dem Jobmarkt sind, erfahren Sie, wenn Sie abends um 8 auf dem Jobmarktplatz flanieren. Also: Diskret, aber heftig bewerben! (Wenn Sie davon am aktuellen Arbeitsplatz Ihrer besten Freundin unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählen, überweisen Sie bitte 15 Euro auf das Hilfskonto Ungeschickte Jobwechsler).
2. Es gibt jede Menge Leute, die zwischen 30 und 100T Euro brutto machen, die froh sind, wenn man ihnen die Buchhaltung übernimmt. Eins, zwei Privatkunden, und Ihr Selbstbewusstsein wächst so sehr, dass Sie sich besser fühlen als die Buchhalterin des Paten.
Mandy: Jetzt mal noch eine Frage zum Lebenslauf. Ich habe 1993 eine Erstausbildung zur Elektromontiererin abgeschlossen. Ist also 18 Jahre her und ich habe noch eine angefangene, aber abgebrochene Ausbildung zur Krankenschwester vor ca. 15 Jahren. Sind die beiden Sachen in meinem Lebenslauf überhaupt noch relevant und muss ich die immer mit im Lebenslauf stehen lassen? Ich komme nämlich schon jetzt auf 3 Seiten Lebenslauf.
Gerhard Winkler: Längere Phasen, die sonst nicht dokumentiert sind, würde ich immer mit aufnehmen. Wenn nicht: Akute Lückengefahr! Wo stochert ein Personaler zuerst hinein? Na also!
anonym: Hallo, wie ist es zu deuten: Stellenanzeige mit Firmenname mit kompletter Postadresse + Ansprechpartner, Mailadresse vom Ansprechpartner, gewünschte Bewerbungsart: schriftlich, vollständige Bewerbungsunterlagen gefordert. Soll die Bewerbung nun postalisch erfolgen? Wozu dient dann die Mailadresse? Für eventuelle Nachfragen?
Gerhard Winkler: Hi Anonym. 1. Bewerben Sie sich über das Medium, das Ihnen am meisten liegt. 2. Wenn Sie denken, "Papier ist gesponnen", dann bewerben Sie sich per Mail. 3. Immer Ansprechperson namentlich ansprechen.
anonym: Zweite Frage: Wie erklärt man im Gespräch dem Gegenüber, dass man auch nach jahrelanger Jobsuche keine Berufspraxis hat (keine Chance auf Berufseinstig, Erfahrung wird aber fast immer vorausgesetzt). Lebenslauf ist schon entsprechend gegliedert, aber rauslesen kann man es trotzdem. Praktika sind nicht möglich. Oder liegt es doch am mehr als sehr gefragten kaum. Bereich?
Gerhard Winkler: Die klassischen Verhaltensweisen: 1. Ich bleibe dennoch eisern dran. 2. Ich weiche auf ein anderes berufliches Einsatzgebiet aus. 3. Ich qualifiziere mich fort. 4. Ich mache mich zum eigenen Boss. Die klassische Haltung eines Jobanbieters: Diese Firma ist kein Übungsgelände, kein Auffangnetz und auch keine Wartebucht.
anonym: Drittens: Anschreiben werden von mir immer angepasst, meist Absagen, wenn sich die Firma überhaupt meldet (bei ausgeschriebenen Stellen). Schreibe nur das, was ggf auch nachweisbar ist, aber eben keine geforderte Berufspraxis (Büro, kaufm, Ausbildung, Weiterbildungswissen vorhanden, aber nur in der Theorie. Das wird immer moniert... ein Kreislauf.)
Gerhard Winkler: Es ist nicht ausgeschlossen, dass man Sie nicht nimmt, aber um überhaupt ins Gespräch zu kommen, sollten Sie von Anfang an das Gespräch suchen und den bösen Schandfleck sofort und ohne Einleitung benennen: Guten Tag, meine Name ist Arno Nimm, ich habe wirklich NULL kaufmännische Praxis.
FG: Guten Abend Herr Winkler, zuallererst einmal dankeschön für den sehr interessanten Kurs von vorletztem Wochenende. Ich habe viel gelernt und kann dies hoffentlich in meinen nächsten Bewerbungen einsetzen!
Gerhard Winkler: Hi Fabian, bitte keine öffentlichen Komplimente, die Leute, die mich persönlich kennen, halten für mein herausragendes Merkmal bereits jetzt nicht "unnachahmliche Texterqualitäten" sondern "schlimme Eitelkeit".
Anna Scholz: Ich war bei Ihnen vor Weihnachten beim Seminar. Hat mir sehr viele Anregungen und Denkanstöße gegeben. Das muss trotzdem gesagt werden. Ich kann FG nur zustimmen!
Gerhard Winkler: Hey, hat Sigrun hinter meinem Rücken eine Lob-Prämie ausgegeben? Kinder, ich habe kein Geld für PR!
Andy: Ich habe Sie zufällig im Internet gefunden. Ich suche seit 2008 eine längerfristige Arbeit und habe in dieser Zeit viele unterschiedliche Tätigkeiten angenommen. Teilzeit, Vollzeit, Betreuer, Callcenteragent. Nach kurzer Zeit löst sich dann das Arbeitsverhältnis. Warum ist mir hier mal nicht so wichtig. Ich habe das nun so beantwortet, dass ich versuche, die Probezeit zu erhöhen. Ungewöhnlich, ja. Ich suche aber eine Arbeit und keinen Streit. Wie kann ich es anstellen, dass ich meine Kraft von meinen täglichen Inseraten suchen, PDF erstellen, Ansprechpartner heraustelefonieren, Vorstellungsgespräche führen, Absagen bekommen,... in einen Arbeitsplatz umwandle, den ich dann auch für so zwei Jahre behalte? Vielen Dank
Gerhard Winkler: Hi Andy, Sie können vier mal hintereinander einfach nur Pech gehabt haben. Sie wissen aber auch, dass Sie sich selber schon (für sich und insgeheim) eine Antwort darauf gegeben haben, woran das NOCH gelegen haben könnte. Klar ist: sich nicht an den falschen Jobanbieter binden, der Sie nicht lange halten kann oder will. Aber ebenso klar ist, dass Sie ein eigenes Job-Verhaltensmuster das (wenn auch nur geringfügig) zu den letzten Flops beigetragen hat, nur sehr schwer ändern können.
Andi: Was genau verstehen Sie unter Job-Verhaltensmuster?
Gerhard Winkler: gleiche oder ähnliche Verhaltensweisen in ähnlichen oder vergleichbaren Situationen in unterschiedlichen Firmen.
Andy: Mir ist es vor einem Monat zu dumm geworden und ich habe eine Liste erstellt. Was man so einfach nicht tun sollte, da es in eine falsch Richtung gehen kann! Hm. Herausgekommen ist, nichts. Ich habe keine Gemeinsamkeiten oder sonst etwas erkennen können.
Gerhard Winkler: Ja, Sie haben recht. Sich selber nicht ausweichen. Nicht zu lange grübeln. das Eine verlangt eine gewisse Schonungslosigkeit, das Andere die Fähigkeit, seinen Selbstschutz nicht mutwillig zu zerstören.
Andy: Bei zwei Arbeitsplätzen versuchte ich eine Vorauszahlung vom ersten Gehalt zu bekommen.
Gerhard Winkler: Das ist kein No-go. Ich würde zwei Wochen damit warten, aber dann ist es OK. Sie sind jung, Sie sind pleite. So haben wir alle angefangen.
Andy: Ist gut :) Man hat die Arbeit schon. Wie komme ich zum Arbeitsplatz, Welche Bereiche sind mir bekannt, welche kann ich mir schnell aneignen. Wer sind meine Arbeitskollegen dann. Wie sieht der wöchentliche Ablauf ab. Viele Fragen, einfach beantworten und man kann sich ein Bild vom neuen Arbeitsplatz machen.
Gerhard Winkler: Ich denke, für Sie ist wichtig, nicht im Panik oder in Schockstarre zu verfallen. Keine Pechsträhne ist dauerhaft, außer man gießt mutwillig Pech nach.
Hr. P.: Ich arbeite im Moment im Kundenservice bei einer großen Stadt in Baden-Württemberg. In unserem Bereich sind nun Teamleiterstellen frei geworden, auf die ich mich beworben habe. Was raten Sie mir mit Ihrer Erfahrung im Vorstellungsgespräch am Donnerstag, da ich wie ein Großteil der anderen Bewerber keinerlei Führungserfahrung vorweisen kann? Sollte man dies erwähnen oder es eher nicht tun, da diese Tatsache bekannt ist?
Gerhard Winkler: Die Rekrutierer haben Ihren Lebenslauf im Kopf. - Ziehen Sie gleich! Studieren Sie das Ding!
Wenn es aus dem Lebenslauf (oder aber aus etwas, was nicht im Lebenslauf verzeichnet ist, oh mein Gott, hab ich Herrn Winkler nicht gesagt, er soll das noch aufladen!) abzuleiten ist, dann leiten Sie auch rudimentäre Begründungen Ihrer Teamleitungsqualitäten auch ungefragt ab!
Nur wenn Sie weder Fähnchen- oder evangelischer Jugendleiter, Mannschaftskapitän, Mitglied einer Expedition ins östliche Brandenburg waren oder sonst was irgendwie leitungskompatibles gemacht haben, dann sagen Sie: Ich habe jetzt drei Jahre zugeschaut, wie andere Teams leiten. Ich kann es besser!
Hr. P.: Der Lebenslauf ist recht kurz, da ich erst 24 bin und schon knapp 4 Jahre dort bin. Ich habe mir in der Zeit aber bei der gesamten Abteilung einen Ruf für fachliche Kompetenz erworben und nehme viel projekt- und anlassbezogene Sonderaufgaben sowie Schulungen innerhalb der Abteilung wahr. Mir graut auch eher vor den Fragen im Gespräch, auch wenn ich die komplette Besetzung der Fragesteller persönlich kenne. Ich habe mich auf Ihrer Seite in der letzten Woche viel umgeschaut und schon einige Tipps zu den Fragen gelesen (Stärken/Schwächen usw.). Haben Sie hier noch zusätzliche, spontane Tipps?
Gerhard Winkler: He, Sie Witzbold. Sie kennen die Fragesteller? DIESE LEUTE KENNEN SIE! Und sie lieben Sie auch! Sobald Sie mit ihnen im Raum sind, fangen Sie an zu lächeln, die Leute sichtlich toll zu finden, über ihre Witze zu lachen und selber auch etwas Witziges oder Erhellendes zu wagen - aber sehr dezent und nur einmal im Gespräch, denn Sie werden dort der Führungslehrling sein. Sie sind vom Glück gesegnet. Werden Sie nicht übermütig. Zeigen Sie auf keinen Fall, dass Sie denken, dass man Ihnen den Job geben MUSS. Kämpfen Sie um den Job, aber sportlich und nicht zu verbissen!
Hr. P.: Das heißt ich sollte meine Vorgesetzten, die mit bei dem Vorstellungsgespräch (zusätzlich zu dem Personaler und dem Dezernenten) dabei sind, irgendwie bei der Fragestellung zur Qualifikation mit einbinden?
Gerhard Winkler: Hören Sie, lieber Herr P., Sie wollen mich doch nicht foppen? Dass Sie ausreichend qualifiziert sind, ist doch eh schon klar. Jetzt wollen die nur noch checken, ob Sie wissen, worauf Sie sich einlassen. Ob Sie den Mumm für den Job haben. Ob Sie reif genug für die Verantwortung sind. Alles, was die von Ihnen hören wollen und alles, was die von Ihnen sehen wollen, das haben die Ihnen in den letzten Wochen und Monaten gesagt und vorgeführt. Bitte erinnern Sie sich!
AS: Hm, ich brauche Hilfe für jemanden, der eine Führungsposition in der Lebensmittelbranche hatte und jetzt eine Führungsposition bei adidas (baut garade bei uns) anstrebt. Meine Empfehlung war, Führungsqualitäten betonen, Mitarbeiterführung usw. und nicht seine Erfolge als Molkereifachkraft. Würden Sie mir zustimmen?
Gerhard Winkler: Oh, ich würde so anfangen: Mein Name ist Winkler, an mir klebt Milchgeruch, ich rufe an weil ich gerne wissen möchte, ob das ein Hindernis ist, wenn man bei Adidas Karriere machen möchte.
Levantin: Guten Abend Herr Winkler, ich bin gelernter Bürokaufmann, war anschließend 12 Jahre bei der Bundeswehr und habe jetzt den Abschluss als Staatlich geprüfter Betriebswirt gemacht. Leider wird in jeder Stellenanzeige eine geignete Berufserfahrung verlangt. Wie kann ich die Erfahrung der Bundeswehr am besten in mein Anschreiben einbinden und mit welchen Einleitungssätzen kann ich mich bei Personalern am besten interessant machen? Liebe Grüße und gute Besserung.
Gerhard Winkler: Ein guter Abschluss als Staatlich geprüfter Betriebswirt und mehrjährige Führungserfahrung in der Logistik des ersten Genderneutralen Bataillons in der Vielfliegereinheit Focke-Wulf kennzeichnen mein Profil.
Umo: Guten Abend Herr Winkler, wie stellt man es denn an, wenn, sagen wir mal mehrere beziehungsweise unterschiedliche Herzen in der Bewerber-bzw. Jobberbrust schlagen? Konkret: einerseits kaufm. Ausbildung und fast 17 Jahre in großem "Verein" als Sachbearbeiterin gearbeitet; tolles Gehalt, jedoch fast die ganze Zeit Umbrüche, Veränderungsprozesse (später liebevoll Changemangement getauft) und dann betriebsbedingte Kündigungszeiten mit "jeder muss sich neu bewerben-"Szenarien mitgemacht; in all den Jahren immer auch (privat) weitergebildet, aber in völlig anderen Sektoren wie Ernährung, Psychologie. Als Spätzünder nun erst festgestellt, dass etwas (wieder) völlig Anderes das ist, was ich tatsächlich machen will; habe darin auch eine Ausbilung und viel Geld investiert; der Job ist aber, vor allem als Rookie, nicht so easy: Sehe völlig ein, dass so ein Lebenslauf gelinde gesagt, irritierend ausschaut...zweitens...wenn man, um sich erst mal ernähren und sein Sozialversicherung etc. pp. zu haben, einen "Job" sucht, um aber weiter an der eigentlichen Berufung/Karriere zu tüfteln, kann ich auch nachvollziehen, dass das Jobanbietern missfällt. Ich selbst fände es auch nicht OK, wenn ich jemanden suchen würde und der wäre nur halbherzig dabei. Wobei ich, ganz ehrlich, nie etwas halbherzig tue und ein loyaler Mitarbeiter bin. Wenn ich jetzt diese ganzen Weiterbildungen aus dem Lebenslauf rausschmeiße, entstünde ein noch irritierenderes Bild , da ich mich nach den 17 Jahre und dem betriebsbedingten bla bla...aus der Firma verabschiedet habe und es mit der Selbständigkeit im Coachingbereich versucht habe. Sieht jetzt auch irgendwie komisch aus im Lebenslauf. Da die Selbständigkeit aber aus den Weiterbildungen resultierte, muss ich sie wohl besser drin stehen lassen, oder?
Gerhard Winkler: Lassen Sie alles im Lebenslauf. Dann reduzieren Sie den auf allenfalls 3 Seiten, ohne etwas von den Essentials zu löschen. Dann schließen Sie sich mit den Blättern auf dem Dachboden ein und meditieren darüber, bis Sie sich selbst vollständig akzeptiert haben. Dann erst bewerben sie sich.
Gerhard Winkler: Liebe Leute, es bleiben noch ein paar Fragen offen - ich beantworte sie moregn offline und stelle den Mitschnitt wie üblich mittags auf meine kleine, praktische, bis minus 40-Jobfrust-Grade isolierende Web Site. Bis zum nächsten Mal! Viel Glück, viel Erfolg und vergessen Sie nicht: Ihr großes Lächeln am Interview-Morgen macht den Personaler bis zum Abend glücklich! Meiden Sie in den nächsten Tagen alle Leute die so verblüfft aussehen wie ich, als es mit den Kopfschmerzen anfing! Beste Grüße! Gerhard Winkler
17 unterschiedliche IPs im Chat (Ohne Moderator und Experte): Nikolas, Mandy, FG, AS, tsdenn, emil, Levantin, Hr. P., Klio, Schüler sucht Ausbildung, macpublisher, Umo, anonym, Andy, Claudia, Gerhard Winkler, Fabian
Ich schreibe für den interessierten und verständigen Leser. Halten Sie bitte auch mich auf dem Laufenden: über den Jobmarkt, über Ihre Erfahrungen, Abenteuer und Erfolge beim Bewerben und im Job. Was vermissen Sie auf jova.nova.com? Was sehen Sie anders? Ich freue mich über Ihr Feedback!
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