"Sehr geehrte Frau Friedberger,
bezugnehmend auf die Anzeige der Bundesanstalt für Arbeit vom 01.02.200X möchte ich mich um die Stelle Mediendesigner – Webdesign bewerben …"
Kommen Sie als Bewerber lieber auf leisen Sohlen? Dann ist es Ihnen sicher ganz arg, sich einfach so vorzustellen. Sie legen schon im ersten Satz darauf Wert, dass Sie sich nicht unvermittelt, sondern bezugnehmend an den Jobanbieter wenden. Und Sie sagen sehr artig auf, was Sie gern möchten. Gut, dass es noch so höfliche Bewerber gibt. Besonders gut ist das für die weniger konventionell handelnden Mitbewerber.
Ein netter und sehr höflicher Leser schreibt:
„Wieder einmal bin ich dabei, mit Begeisterung Ihre Seite zu durchstöbern, um meine E-Mail-Bewerbung zu formulieren. Da stolpere ich doch tatsächlich über eine Seite, in denen Einleitungssätze abgehandelt werden. Folgender Stil scheint sich nicht zu eignen:
auf Ihre Anzeige in der ... vom... bewerbe ich mich um ....
Nun frage ich mich, ob auch meine Formulierung eher unpassend ist, obwohl ich nicht erkennen kann, warum diese Formulierung unpraktisch sein soll:
bezugnehmend auf die Anzeige der Bundesanstalt für Arbeit (arbeitsagentur.de) vom 01.02.200X möchte ich mich um die Stelle Mediendesigner – Webdesign bewerben.
Man formuliert doch ganz klar, um was man sich bewirbt und wo man es gefunden hat! Kann doch nicht falsch sein, oder?“
Meine Antwort: Man formuliert tatsächlich so klar man kann. Nur soll man als Bewerber nicht langweilen. Nehmen wir uns doch die Einleitung in ihrer vollen Schönheit vor:
bezugnehmend auf die Anzeige der Bundesanstalt für Arbeit (arbeitsagentur.de) vom 01.02.2004 möchte ich mich um die Stelle Mediendesigner – Webdesign bewerben.
Und jetzt streichen wir alles weg, was einen nicht wirklich informiert:
bezugnehmend … - Weg mit diesem Wort, weil Sie in Ihrer Mail ganz sicher schon Bezug genommen haben. Und zwar in der Betreffzeile. Außerdem gilt: Da das Anschreiben als gut aufgebaute Antwort auf ein Jobangebot nichts anderes leistet, als den Jobsuchenden auf eben den Job zu beziehen, kommentiert jeder, der bezugnehmend Bezug nimmt, sein eigenes Tun, während er es tut. Ein bisschen so, wie der Blumenbinder im Mittags-TV, der einem erklärt, was er da macht. Sie winden dem Personaler aber keinen Kranz. Bezugnehmend ist wie hiermit ein Schalter. Für den Personaler heißt das: Aufmerksamkeit aus und sanft nach Mendocino driften.
… auf die Anzeige der Bundesanstalt für Arbeit (arbeitsagentur.de) vom 01.02.200X … – Schon im 20. Jahrhundert, noch vor der Erfindung des Sichtfensterumschlags, haben fortschrittliche Briefschreiber begonnen, den Betreff plus den Bezug in eine oder zwei Zeilen oberhalb der Anrede zu vereinigen. Und zwar aus Gründen der Schreibökonomie. Der Betreff fasst dabei nach alter Väter Sitte den Inhalt zusammen und sagt im Beispielsatz etwa aus: „Mein Brief betrifft den Job als Webdesigner.“ Und der Bezug verweist natürlich auf die Informationsquelle: „Ich beziehe mich dabei auf die Anzeige der Happy Dog Job Agency, deren Kunden immer noch kucken wie Engelen und deren Mitarbeiter schon wieder strahlen wie Kefer...“
Wie kam ich nur aufs Thema A-Agentur? So etwas Überflüssiges! Vom Leistungsbezug schnell wieder zum Anschreiben-Bezug. Und da gilt: Den Verweis auf den Erscheinungsort der Stellenofferte oder auf einen Informanten oder auf einen früheren Kontakt nimmt man mit nach oben in die Betreffzeile. Das sieht dann so aus:
Mediendesigner – Webdesigner; Ihre Offerte auf happyagency.de
So gehört auch eine Kennziffer unbedingt in den Betreff. Organisationen mit vielen gleichzeitig ausgeschriebenen Vakanzen wollen die Eingangspost ja rasch zuordnen.
Ich mache mich im Folgenden zum Ketzer, und Personaler, die es lesen, werden energisch den Kopf schütteln: In den von mir optimierten Anschreiben setze ich oft als Betreff nur noch die nackte Positionsangabe:
Web-, Mediendesigner
Warum? Personaler wollen natürlich auch wissen, welcher von ihnen gekaufte Ad Space die höchste Antwortrate geeigneter Kandidaten generiert. Als Karrierespezialist lasse ich im Anschreiben jedoch alles unter den Tisch fallen, was nicht dazu beiträgt, den Claim des Jobkandidaten zu untermauern. Sorry, aber ich brauche allen verfügbaren Platz, um den Bewerber aufzustellen. Und mit dem Spotlicht leuchte ich nur den Bewerber, nicht die Bewerbungsumstände aus.
Können Sie dem zustimmen? Unter definierten Umständen schon? Na prima. Dann haben wir im vorliegenden Einleitungssatz schon die Hälfte ersatzlos gekillt, nämlich bezugnehmend auf die Anzeige der Bundesanstalt für Arbeit (arbeitsagentur.de) vom 01. 02. 2007. Und wie soll’s weitergehen?
… möchte ich mich … - Da kann man nur sagen: Mögen Sie noch oder bewerben Sie sich schon?
… um die Stelle … - Bingo! Sie haben kapiert, es geht um eine Stelle.
… Mediendesigner – Webdesign … - Die Betreffzeile lässt grüßen.
… bewerben. - Na sowas! Bewerben möchten Sie sich? Und ich habe schon gedacht, Sie wollen mir die Firma abkaufen.
Spaß beiseite. Wenn sich etwas von selbst versteht, dann lassen Sie’s in Ihrer Bewerber-Präsentation weg. Wenn etwas schon wo anders steht, muss man es nicht noch einmal aufgreifen. Absolut wichtige Ausnahme: Sie verdoppeln, was für Sie spricht, stets in Anschreiben und Lebenslauf. Ihre Jobschwerpunkte zum Beispiel – selbst, wenn diese schon in Arbeitszeugnissen aufgeführt werden.
Ich gestehe aber ein, dass es durchaus Fälle gibt, in denen man den Jobanbieter mit einer Null-Information im ersten Satz sehr gut bedient. Wenn man signalisieren will, dass man selbst eine Null ist. Wenn der Jobanbieter bereits so verkalkt ist, dass ihn offensives Argumentieren nur verstört. Oder wenn man sich dort bewirbt, wo sich die Nullen potenzieren.
Womit aber anfangen? Wie wär's, wenn Sie mit sich selbst anfangen:
Mediendesigner – Webdesigner
Sehr geehrte Frau Friedberger,
als selbständiger Webentwickler und Projektmitarbeiter habe ich zuletzt anspruchsvolle Teilaufgaben bei der Einführung eines webbasierten Systems für den Derivatenhandel und bei der Implementierung eines Intranet-Tools zur Kreditbearbeitung übernommen. Nachweisbar erfolgreich habe ich auch mehrere Relaunches von Firmen-Sites realisiert. Zu meinen Auftraggebern zählen die Fischborner Vieracht AG, ...
Nehmen Sie also im Anschreiben nur der Konvention halber Bezug, dann lassen Sie's besser. Etwas anderes, wenn der Bezug zugleich ein prima Argument ist:
Sehr geehrte Frau Friedberger,
Ihr ehemaliger Kollege Dr. Gerold Dietz war bereits so freundlich, mich Ihnen zu avisieren. Als selbständiger Webentwickler und Projektmitarbeiter habe ich zuletzt anspruchsvolle Teilaufgaben bei der Einführung eines webbasierten Systems für den Derivatenhandel und bei der Implementierung eines Intranet-Tools zur Kreditbearbeitung übernommen. Nachweisbar erfolgreich habe ich auch mehrere Relaunches von Firmen-Sites realisiert. Zu meinen Auftraggebern zählen die Fischborner Vieracht AG, ...
Nur, wenn Sie sich sichtbar aufstellen, wahren Sie Ihre Chance auf ein Jobinterview. Und nur wer es in die nächste Auswahlrunde schafft, der darf sich zur Belohnung das Studium von Anders antworten gönnen.
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08.02.2004; zuletzt aktualisiert: Berlin, 15.2.2009
Ich schreibe für den verständigen Leser. Halten Sie bitte auch mich auf dem Laufenden: über den Jobmarkt, über Ihre Bewerbungswege, Erfahrungen, Abenteuer und Erfolge. Was vermissen Sie auf jova.nova.com? Was sehen Sie anders? Ich freue mich über Ihr Feedback!
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