Formeln, Floskeln, Formulare machen viele Bewerber froh. Wer im Dienst nach Vorschrift schuftet, bevorzugt im Grunde auch die Bewerbung nach Vorlage. Ein paar Regeln schaden aber auch keinem selbständigen Bewerber.
Für sich sprechen, von sich schreiben
Wie kommt man schneller zum Job? Über eine Online- oder doch über eine Papierbewerbung? Wer so fragt, übersieht, dass der schnellste Weg immer über die direkte Ansprache geht. Ob man selbst jemanden anredet oder ob man einen starken Fürsprecher beauftragt, der für einen die Tür öffnet: Ansprechen ist besser als Anschreiben. Bei einem schriftlichen Angebot kalkulieren Sie die Funkstille auf der anderen Seite ein.
Wie immer man sich bewirbt, bewerben heißt einstecken. Wer sich auf dem Markt anbietet, der erfährt auch Ablehnung und hat sie zu verkraften. Ohne Ich-Stärke, Durchhaltevermögen, Gleichmut und die Fähigkeit zur Selbstkorrektur bleiben Sie auf der Strecke. Die Bewerbungswege ändern sich, doch Ihr Auftrag als Anbieter von Leistung ist seit je her der selbe: So lange kontakten, bis es funkt.
Dafür brauchen Sie sich nicht abzumühen. Handeln Sie immer so einfach wie möglich. Selbst ein Minuten-Telefonat mit dem Job-Verantwortlichen reicht schon aus, um vorab die wichtigsten Fragen abzuklären:
Braucht die Organisation jetzt oder bald jemanden wie mich?
Ist es für mich sinnvoll, meine Bewerbungsabsicht an dieser Stelle weiter zu verfolgen?
Falls ja: Welche Informationen soll ich liefern? In welcher Form? Wem genau?
Falls nein: An wen könnte sich jemand mit meinem beruflichen Profil noch wenden?
Wen geht's an?
Bauen Sie nicht darauf, dass Jobgelegenheiten im Personalbüro ausgebrütet werden. Wenden Sie sich an die Person, an die Sie als Mitarbeiter berichten würden, an deren Vorgesetzten oder an den, der den Laden führt.
Wenn Sie erreichen möchten, dass man sich für Sie entscheidet, dann finden Sie den, der es entscheidet. Egal, wie groß die Organisation, die Sie aufnehmen soll: Es gibt dort keine unsichtbaren Funktionsträger. In jeder Organisation, die einen wie Ihresgleichen brauchen kann, existiert auch jemand, den Ihr Jobwunsch direkt angeht.
Vor der Mail- oder Printbewerbung kommt möglichst das Gespräch oder die persönliche Begegnung. Sehen Sie Ihre Selbstvermarktung durchaus sportlich: Erreiche ich jemanden mit meinem Anliegen? Schaffe ich es, meinen Claim in eins bis drei Sätzen zu verdichten? Wird man sich auf mein Angebot einlassen? - Das sind beileibe keine Horrorfragen. So etwas zählt einfach zur Manöverkritik, mit der Sie als Agent in eigener Sache im Jobcenter Deutschland Ihren Markterfolg optimieren.
Jobsuchende erleben allerdings, dass sie gar nicht erst bis zu einem Abteilungsleiter oder Geschäftsführer durchkommen. Sperrt sich ein Unternehmen dagegen, den Jobscout weiterzuleiten oder eine Durchwahl preiszugeben, dann finden sich stets auch andere Wege, um fündig zu werden.
Ansprechen & anmailen oder anschreiben & nachhaken
Für das Kontakten auf eigene Faust gilt: Sprechen Sie die Jobanbieter an, die mit sich reden lassen. Mailen Sie an Jobanbieter – aber nur, sofern Sie tatsächlich personalisierte Mailadressen zur Hand haben. Liefern Sie schließlich Papier an Leute, die mehr in der Hand halten wollen als ihre Funkmaus.
Es spricht überhaupt nichts dagegen, sich auch initiativ per Mail zu bewerben. Eine Mail ist zwar schnell weggeklickt, sie ist aber auch rasch geöffnet und überflogen. Und wer eine Bewerbung als Zudringlichkeit auffasst und zu ignorieren beschließt, dem ist es völlig gleich, in welcher Art Müllkorb er die unerwünschte Präsentation schiebt. Gut zu wissen: In Personalbüros arbeitet man meist schon mit einem elektronischen Personalmanagementsystem. Und dort, wo man Anwendungen einsetzt, die ein Screening von Kandidaten-Profilen ermöglichen, freut sich der Jobanbieter, wenn man ihm digital zuarbeitet und so den eigenen Job erleichtert. Bewerben ist Handeln und überlegt handeln heißt, strukturiert vorzugehen: Ob Sie besser anschreiben und nachfassen oder anrufen und dann mit Unterlagen nachfüttern, darüber sollen Vertriebsakademien diskutieren. Ihre Selbstvermarktung läuft erst richtig an, sofern Sie die eigene Kontaktarbeit als Routinearbeit auffassen und sich darin eine Geläufigkeit aneignen.
Ihre Reaktion auf eine Stellenofferte soll in der Regel schriftlich erfolgen. Mailen Sie immer, wenn eine Mailadresse angegeben ist. Die Mailbewerbung ist so gut wie die Papiervariante, denn alle schriftliche Bewerbungen sind eben dasselbe: seitenbasierte Präsentationen. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass es das Look & Feel der Mappe macht und allein deswegen auf die traditionelle Bewerbung zu setzen. Papier schickt man an Leute, deren Arbeitsabläufe auf Papier eingestellt sind - sonst gibt es keinen grund, dieses medium zu bevorzugen.
Hauptfehler vermeiden
Online-Bewerber schauen nicht richtig hin und sie schauen nicht genau an, was sie abliefern. Deshalb machen sie ähnliche Fehler wie ehedem die Maschinenschreiber. Vorab die drei Hauptsünden:
Fehler Nr. 1
Sie nutzen Ihre berufliche Mailadresse oder eine Lifestyle-Adresse wie hexe@depression.de oder pummelchen_24@lifestyle.de. Bewerbermail ohne Klarname ist wie Softdrink in neutraler Verpackung. Haben Ihre lieben Eltern Sie Lore Leier taufen lassen und lore.leier ist in allen Varianten schon vergeben, dann wechseln Sie Ihren Mail-Provider. Oder Sie lassen sich etwas einfallen: projektmanagerin.leier@t-lineon.de.
Fehler Nr. 2
Sie klappern alle Jobbörsen ab, stellen dort Ihr Profil ein und aktivieren den täglichen Jobofferten-Service. In kürzester Zeit befördern Sie sich damit zum Administrator Ihrer Online-Mappen. Sie sind schwer aktiv. Aber weit davon entfernt, sich aktiv zu bewerben. Sich erst einmal aufstellen ist notwendig. Seine Daten online stellen kann nicht schaden. Sich aufmachen und sich vorstellen, das ist Bewerben.
Fehler Nr. 3
Sie surfen querbeet, verweilen in Foren, finden seitenweise lesenswerte, sich oft widersprechende Anleitungen und Tipps. Schön, dass man Gemeinschaft findet. Sie suchten aber einen Job. Und das bedeutet: Herauszufinden, wen man anspricht. Feststellen, wann und wie man diese Person anspricht. Und es tun.
Mit anderen Worten: Achten Sie auch in der digitalen Welt auf Ihre Bewerbersignale und gehen Sie von sich aus auf Jobanbieter zu. Online-Profile oder Bewerber-Homepages sind leider nicht die virtuelle Entsprechung der berühmten Apple-Plakatwand an der US-101 in Richtung San Francisco: Bei Ihnen kommen zu wenig vorbei.
Mail-Bewerbung in der Praxis
Wie geht der web-gewandte Jobsucher im Einzelnen vor?
Ganz einfach: Er überträgt nur sein Anschreiben, seinen Lebenslauf und sein Foto.
Dieser Dreier-Set reicht für eine Initiativbewerbung vollkommen aus. Wenn Sie sich online bewerben, dann fügen Sie Ihrer Mail den Lebenslauf mit integriertem Foto als Anlage bei. Format der Anlage: Word oder PDF. Manche Firmen erbitten auch bei einer Bewerbung per Mail ein separates Anschreiben im Word- oder PDF-Format. Es ist genau diese Art von Formalismus, um den uns weniger zivilisierte Völker beneiden.
Verdoppeln Sie im Fall, dass ein separates Anschreiben erwünscht wird, Ihr Anschreiben:
Betreff des Word-Dokuments wird zum Mail-Betreff
Brieftext des Word-Dokuments wird zum Mail-Text
Ihre Absenderangaben werden zur Mail-Signatur unterhalb der Unterschrift in Ihrer Mail
Die postalischen Empfängerangaben entfallen.
Ihre Anforderungsliste für eine Mailbewerbung, die der anerkannt guten Bewerbungspraxis entsprechen soll:
1
Die Mail geht an eine Person und nicht an eine Sammeladresse wie personal@firmenname.de
2
Die Absenderangabe der Mail lautet:
Vorname Name <vorname.name@ihrmailprovider>
(Wie auch immer Sie vorname.name varieren: Ihr Nachname ist integraler Bestandteil der Mail-Adresse.) Ihren vollen Namen fügen Sie in den Kontoeinstellungen Ihres Mailprogramms ein.
3
Der BETREFF ist so BEstimmt wie TREFFend. Versuchen Sie es doch mit der nackten Berufsbezeichnung: Software-Ingenieur.
4
Die Anredeform entspricht dem guten Gebrauch in der höflichen Geschäftskorrespondenz: Sehr geehrte Frau …, Sehr geehrter Herr …,
5
Die Bewerber-Mail ist ein Anschreiben und jedes Anschreiben ist eine kurze Ansprache. Wenn Ihnen das Konzept noch unklar ist, studieren Sie jova-nova.com oder mein Buch Anders bewerben. Insbesondere die Chatter-Idee von der zwanglosen und rechtschreibtoleranten Online-Kommunikation funktioniert nur in informell organisierten Gruppen. Trauen Sie niemandem, der anregt, so zu texten, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Natürlicher Ausdruck ist nur eine krasse Form von Unbeholfenheit. In einer Bewerbungssituation wird zudem noch der geringste formale Verstoß bemerkt und bewertet.
Bei einer Papierbewerbung entscheidet der Personaler, ob er zuerst Ihren Lebenslauf oder Ihr Anschreiben überfliegt. Als Online-Bewerber arbeiten Sie in Ihrem Mailtext ein Maximum an Direktheit, Konkretheit, argumentativer Dichte und Bestimmtheit heraus. Gehen Sie davon aus, dass Ihre Mail vor dem Anhang überflogen wird. Sofern Sie aus der Zwergen-Garde der Schema-F-Bewerber herausragen wollen, empfehle ich Ihnen dringend: Arbeiten Sie sich in das Thema Anschreiben ein.
6
Sie verwenden möglichst nur das HTML-Format, wenn Sie bereits eine derartig ausgezeichnete Mail vom Adressaten empfangen haben. Das Format erlaubt Schriftauszeichnungen wie fett oder kursiv und es ermöglicht auch, eigene Zeichensätze oder sogar Hintergrundbildchen einzusetzen. Einmal davon abgesehen, dass Sie vorab nicht wissen können, ob das Mailprogramm des Empfängers so etwas verkraftet: Jobanbieter sehen nicht so gern Comic oder einen anderen Gute-Laune-Font. Und Pferdchen, Blümchen oder animierte Briefkästchen mögen herzig sein, aber Sie fahren besser, wenn Sie davon ausgehen, Ihr Mailempfänger ist herzlos.
7
Sie integrieren den Lebenslauf besser nicht als Bestandteil des Mailtexts. Versuchen Sie also nicht, Ihren tabellarischen CV aus Word in das Mailfenster zu kopieren und dann das Zeicheninferno mit Leerzeichen zu bändigen und auszurichten. Sie provozieren nur Herzrasen und üben sehr bald Gewalt gegen Sachen aus, die zufällig in Griffweite liegen.
8
Legen Sie den Lebenslauf als Word- oder PDF-Dokument bei. Das ist einfach, praktisch und angemessen. Mail-Attachments mögen Virenschleudern sein - damit müssen Firmen leben und dagegen wehren sie sich auch. Virenautoren können sowieso kein Deutsch – man erkennt jede Stinker-Mail an der Schreibe genau so gut wie an der Thematik und an den absonderlichen Anhängen. Die unkluge Bewerber-Angewohnheit, als Schrift Times oder Arial zu verwenden, hat beim Versenden digitaler Dokumente wenigstens den Vorteil, dass die Formatierung nicht zerstört wird. Mit Times und Arial ist hierzulande selbst ein A' Agentur-PC ausgestattet. Die elegante Lösung für das Anlage-Problem: Datei im PDF-Format speichern. Alle Auszeichnungen bleiben erhalten; der Lebenslauf kommt so an, wie man ihn abschickt.
9
Fügen Sie nur falls ausdrücklich erwünscht Ihre gesammelten Nachweise in einer einzigen PDF-Datei oder in mehreren JPG-Dateien der Mail bei. Geringste Dateigröße bei bester Lesbarkeit und größter Übersichtlichkeit ist dabei Ihre strikte Maxime. Belege kann man auch per gelber Post nachreichen oder mitbringen. Sehen Sie lieber zu, dass Sie alles, was für Ihre Jobeignung spricht, aus den Zeugnissen extrahieren und in das Anschreiben und in den Lebenslauf einbringen.
10
Sie legen Ihre Bewerber-Homepage still und entfernen auch alle Spuren, die auf sie verweisen. Jobanbieter haben Besseres zu tun, als sich zu Ihnen zu klicken. Und wenn Personaler doch in masochistischer Vorfreude eine Kandidaten-Seite aufsuchen: Dann erwartet sie dort ein ausgewaschenes Schwiemel-Porträt, ein unsägliches Hallo-Welt!-Anschreiben, ein Scroll & Stirb-Lebenslauf und seitenweise fleckig eingescannter, Megatonnen schwerer Nachweise. Als Bewerber treten Sie mit Ihrer Präsentation kurz ins Scheinwerferlicht. Als Homepage-Bewerber lassen Sie die Scheinwerfer permanent an. Es ist ein Funzellicht, auf der Bühne sind Sie zum ewigen idioten erstarrt und es schaut sowieso kein Kapitalistenschwein hinein. - Drücke ich mich deutlich genug aus?
Bewerberseiten beweisen, dass der Bewerber nichts Rechtes mit seiner Zeit anzufangen weiß, dass er keine Grenze zwischen seiner Privatheit und der Öffentlichkeit zieht und dass ihm jedes Gespür für visuelle Umweltverschmutzung abgeht. Das Thema Anstand habe ich dabei noch nicht einmal angeschnitten.
11
Sie umgehen möglichst die Online-Bewerbungsformulare, sofern Sie sich für einen qualifizierten Job bewerben. Formulare erzwingen standardisierte Angaben. Das ist für Sie nicht gut - Sie sind kein Durchschnittsbewerber. Bewerberformulare helfen Leuten, die nicht genau wissen, was sie liefern sollen und die sich eher schwer tun, ihr Anliegen verständlich zu machen. Oder es sind Spielwiesen für Schnupperpraktikanten. Beispiel aus einer Agenturseite:
„Wie heißt Dein Lieblingsbuch? Und warum? Wie heißt Dein Lieblingsfilm? Und warum? Beschreibe jeweils kurz den Inhalt? Du hast 5 Sätze für das Buch und 5 Sätze für den Film.“
- Ich werde mich nie mehr wundern, warum Werbung aus Hamburg so intelligent ist.
Online-Formulare drücken oft aus, wie sich die diplomierte IT-Intelligenzia Bewerbungsinhalte vorstellt: Neben den Kommunikationsdaten erwartet man dann vom interessierten Site-Besucher beispielsweise die Angabe „Lebenslauf/Stärken in Kurzform“ und bietet dazu ein 40 Zeichen breites Textfeld.
Faustregel: Achten Sie beim Studium eines Online-Formulars auf das Wirken einer praktischen, auf die Personalauswahl bezogenen Vernunft. Falls nicht erkennbar, wird diese auch nicht beim Auswerten Ihrer Daten in Erscheinung treten.
Schauen wir am Ende noch kurz unter die Oberfläche des Internet-Jobmarkts: Hinter Online-Formularen, Jobbörsen und Internet-Bewerber-Services stecken immer datenbankorientierte Anwendungen. Werten Programme (oder auch Menschen) die dort eingegebenen und eingestellten Informationen aus, dann gleichen sie stets nach Schlüsselwörtern ab und erstellen am Ende ein Ranking aller in Frage kommenden Kandidaten. Einmal abgeschickt, bilden zusammengestückelte Bewerberdaten, so clever sie ausgewählt sein mögen, dennoch niemals eine ganze Bewerberpräsentation. Sie sind weder arrangiert noch auf Wirksamkeit ausgerichtet. Rohdaten taugen prima zur automatischen Vorselektion. Am Ende befinden aber immer noch Menschen über Menschen.
Die denkbar beste Strategie für Online-Bewerber: Die gesuchten Kernbegriffe in einer überzeugenden Präsentation synthetisieren und dafür sorgen, dass die Präsentation genau so wie von Ihnen gestaltet beim Jobanbieter ankommt. Die Informationen auswählen, die Informationsmenge dosieren und niemals die Kontrolle über den eigenen Bewerberauftritt abgeben – so überzeugt man auch in digitalen Zeiten.
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Ostrach, 20.03.2004Text zuletzt bearbeitet: Berlin, 22.02.2009.
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